Heute, am 2. März, erscheint das neue Kursbuch. Ausgabe 201 »Menschenskinder!« nähert sich aus verschiedenen Zielrichtungen den Andockpunkten zwischen Erwachsenen- und Kinderwelt. Einerseits stehen Kinder als Synonym für Reinheit und Unschuld, Wahrheit und Unmittelbarkeit, sind die absolute Metapher des existentiellen Kreislaufs aus Werden und Vergehen, andererseits neigt der Erwachsene dazu, gerade die unverfälscht und ungetrübt auftauchenden, genuinen Ansichten dieser »engelsgleichen Geschöpfe« nicht ernst zu nehmen, zu negieren, abzutun als Ansichten derjenigen, die schlicht noch so viel zu lernen haben. Entdecken Sie die folgenden Artikelempfehlungen:
- Der Soziologe Gottfried Schweiger beobachtet in Deutschland und Österreich ein besorgniserregendes, paradoxes Phänomen: Auf der einen Seite wird Kinderarmut ignoriert und heruntergespielt, auf der anderen Seite wird Mitleid mit Kindern in armen Verhältnissen vorgeschützt, um vor allem politische Maßnahmen zu rechtfertigen, die die Situation dieser Kinder meist noch verschlechtern. Schweiger will das nicht mehr hinnehmen. Er fordert deswegen leidenschaftlich, dass die beiden reichen Länder endlich ihre Ressourcen nutzen, um Kinderarmut ein Ende zu bereiten.
- Kirsten Boie ist die Heldin vieler Kindheiten. Ihre Bücher mussten Eltern nicht nur in Endlosschleife vorlesen, ihre Geschichten waren auch die ersten, mithilfe derer viele überhaupt lesen lernten und die gewisse Wertegerüste vermittelten und das auch heute tun. Das Interview mit der Kinderbuchautorin und ihrem ehemaligen Verleger, Till Weitendorf, bringt unterschiedlichste Perspektiven zusammen: Ist etwas dran, am Abgesang auf das Kinderbuch, der momentan so gerne angestimmt wird, wohin führt das allgemeine Lamento, dass ja alle »nur noch digital lesen«? Wer kann die hellere Zukunft mit begeisternden Geschichten auf neuer Hardware vermitteln? Leben wir überhaupt noch in einer Lesegesellschaft?
- Gehirnforscher Ernst Pöppel wagt eine These, die zuerst steil klingt, dann einleuchtet und im dritten Schritt zu allerlei Gedankenspielerei anregt: Zur Welt kommen alle Kinder mit dem gleichen biologischen Grundsetting. Wo wir zur Welt kommen, welche Muttersprache wir lernen, ob als Zeichen der Zustimmung Nicken oder Kopfschütteln gilt, ob zur Begrüßung Hände, Küsschen oder Verbeugungen auf dem Plan stehen – in der Kindheit werden dann nur diejenigen neuronalen Verknüpfungen ausgebildet, die man zum Aufwachsen im jeweiligen Kulturkreis braucht. Kindheit als eine einzige große Versklavung also. Worin ebenso viel Freiheit des Denkens steckt: Freiheit, sich selbst immer neu und völlig anders zu entwerfen.
- Bereits mit Inkrafttreten des Grundgesetztes 1949 wurde Kindern eine rechtliche Stimme verliehen, denn eine Altersbeschränkung aller darin verankerten Rechte sieht das Gesetz nicht vor. Die Realität sieht anders aus, denn nach wie vor streiten sich Vertreter der Justitia, ob in dieser Zusicherung bereits alle Rechte vollumfänglich enthalten seien, oder ob es nicht mehr und ausdrücklicher Kinderrechte bedarf. Die Rechtswissenschaftlerin Anne Röthel plädiert für den letztgenannten Weg: »Kinderrechte ernst zu nehmen heißt, das Recht des Kindes auf Eigenzuständigkeit in eigenen Angelegenheiten und die Beachtung des Kindeswillens so zu garantieren, dass Kinder dies auch ins Leben setzen können. Und dafür braucht es deutlich formulierte und verankerte Gesetzte.«
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